Mein ganz grosses Saison Highlight, worauf ich gut und hart trainiert habe steht an und ich muss froh sein überhaupt an den Start gehen zu können- was ist passiert. Am Montag vor dem Rothaus Bike Giro treten auf der abendlichen Trainingsrunde plötzlich Bauchschmerzen auf, welche auch den ganzen Dienstag anhalten und mich nach Feierabend sogleich total schlapp ins Bett zwingen. Am Mittwochnachmittag trotz allem die Fahrt nach Rothausen-den weiterem Verlauf hat Hans-Urs in seinem Bericht bestens beschrieben.
Der Rothaus Bike Giro ist Geschichte, nun bleiben knappe 1 ½ Wochen bis zur Master TT WM in Albi und ein Arztbesuch ist unausweichlich- ich kann kaum Essen und wenn, will nichts mehr raus. So sind ganze 2.5kg Körpergewicht runter, somit auch Rennsubstanz, ich fühle mich Sch*****. Medis sollen helfen- auf die Frage ob diese auf der Dopingliste sind kann mir der Arzt nichts sagen- also Heim und unter Antidoping Schweiz eine Medi-Abfrage starten- leider ist das Medikament nicht erfasst- mit einer Email kann aber nachgefragt werden. Währenddessen werde ich aber auf der NADA Austria fündig; das Medikament ist keine Dopingsubstanz! Am nächsten Morgen kommt auch die Antwort vom Chef-Doping Schweiz Hr.Kamber selber und bestätigt die Unbedenklichkeit- Danke, das wäre nun geklärt. Zusätzliche Basenbäder sollen den total übersäuerten Körper reinigen- ich lasse bis zur Freitagnachtfahrt nichts unversucht, inkl. leichten Trainingsfahrten, um wieder auf Vordermann zu kommen. Die lange Nachtfahrt nach Albi Frankreich geht mehr schlecht als recht, aber nach knappen 11Std. mit Pausen erreichen wir den Camping Albirondack, wo wir für eine Woche in einem Holz Bungalow einquartiert sind. Da treffen nun nach und nach auch unsere Schweizer Kollegen und WM-Teilnehmer des Zeitfahrens und Strassenrennen ein.
Sonntagmorgen geht’s mit Pia auf City und E-Bike auf eine lockere Reko-Runde der TT Strecke- dank Download auf Garmin kein Problem- erster Eindruck; ganz mieser Asphalt, wellig, konditionell und speziell fahrtechnisch sehr anforderungsreich. Zurück im Bungalow geht Pia nach Albi shoppen, ich aber packe die Zeitfahrmaschine und gehe nochmals auf die Strecke und versuche so viel wie möglich zu verinnerlichen. Am Abend sitzen wir mit Felix, Ella und Manfred zum Nachtessen zusammen (wie danach fast jeden Abend) eine tolle Kollegenrunde.

Mein Appetit ist zurück und lässt mit etwas zuversichtlicher werden bis Donnerstag annähernd fit zu sein. Anscheinend haben auch die Moskitos Appetit und attackieren mich bei jeder Gelegenheit.
Montagmorgen noch vor dem Frühstück geht’s wieder auf die TT Reko Runde- ganz sachte fahre ich alle Belastungsbereiche an, aber die Beine und Gesäss wollen überhaupt nicht, sind wie verklebt, blockiert- frustrierend, wenn ich bedenke wie gut ich bis vor dem Bike Giro drauf war- Zwischenstopp bei einer Boulangerie und leckeres frisches Brot fürs Frühstück zu holen. Am Nachmittag machen wir eine gemütliche Ausfahrt ins Vallée du Tarn,

landschaftlich wunderbar- nur die Hitze von über 30°C macht etwas zu schaffen und es soll bis Donnerstag noch viel heisser werden..
Dienstag und Mittwochmorgenfrüh, auch um der Hitze zu entfliehen, fahre ich erneut die TT Strecke ab- mittlerweile kenne ich fast jedes Schlagloch, Kreisel Ein-Ausfahrten und die extrem heikle, stark abfallende 90° rechts Kurve, welche die Schlüsselstelle ist- hier kannst du alles verlieren. Pia’s Trigger Massagen haben Blockaden lösen können, kann erstmals wieder, wenn auch nur kurz, die hohen Wattbereiche drücken- die Zuversicht ist schon merklich grösser. Am Mittwochnachmittag fahren wir zur Expo an der Albi Circuit Rennstrecke um die Startnummer abzuholen und mein Bike von der UCI kontrollieren zu lassen- mein Bike passt in die Lehre,

aber Felix muss seinen Sattel oder Extension ganze 3cm zurück schieben- was haben die Funktionäre an der SM in Lüterkofen wohl gemessen?? Nun ist es fix, morgen Donnerstagnachmittag um 14.02.30 Uhr, mit der Nummer 476 und bei erwarteten 36°C geht’s in der Kategorie 50-54 ins Master Time Trail WM Abenteuer.
Donnerstagmorgen früh Tagwache, es ist viel zu heiss im Bett, Pia ist schon länger wach. Felix und Manfred sind schon in Aufbruchsstimmung- sie starten bereits am Vormittag. Plötzlich muss es Felix wohl gröber eingefahren sein- er trällert lauthals den Schweizer Fahnenmarsch, eine üble sich stetig monoton wiederholende Melodie, die jeder Schweizer Wehrpflichtige kennt – verwundert blicke ich zu Ihrem Bungalow und da haut‘s mich fast aus den Socken- da stehen doch tatsächlich unsere Söhne Ramon und Fabio ganz in Rot gekleidet, mit Schweizer-und Nidwaldner Fahne bestück- ich bin sprachlos, kann es nicht glauben aber es ist so- die zwei sind in der Nacht den weiten Weg hierher gefahren um mich an der WM zu unterstützen- ich bin zutiefst berührt-was für eine totale Überraschung und Motivation.

Gemeinsam frühstücken, dann starte ich wie gewohnt meine Rennvorbereitungen. Die Collès auf 7.5bar pumpen, mehr bringt bei dieser holprigen Strecke nichts. Ich werde gegen 12.00 Uhr mit dem Auto zum Start fahren und mich in der reservierten Schweizer Box einrichten-

Pia und Jungs folgen mit den Bikes. Um mich auf der Rolle einzufahren ist es mir eindeutig zu heiss- gehe stattdessen nur kurz auf Nebenstrassen meinen Organismus hochfahren- zurück zur Box, Gel rein und trinken- 20 Min. vor dem Start in die Kontrollzone um nochmals das Bike kontrollieren zu lassen- und ja, auch auf Tech-Doping wird kontrolliert- Trettlagerbereich und die Räder werden mit einem Tablet abgefahren und gescannt (anscheinend haben Sie letztes Jahr in St.Johann i.Tirol einen bereits überführten Chemisch-Doper nun auch noch mit Elekro-Doping erwischt) – was für kranke Typen!
Helm auf und rauf auf die Startrampe, nochmals tief durchatmen- äs chund wiäs chund-

Countdown und ab auf die ersten Meter auf der Rennstrecke, dann raus auf die Strecke zur ersten Verzweigung mit ganz miesem Asphalt- rechts weg- Trittfrequenz im Soll, Puls ok, Beine wirklich gut aber die Leistung geht nur bis 90% meiner Schwellenleistung, es geht einfach nicht mehr- so what- weiter drücken und halten was nur irgendwie geht- dann ein total unerwarteter Motivationsschub- mitten auf der Strasse eine rote Bodenmarkierung“ Go Dani 66 und Schweizerkreuz“ unsere Jungs haben noch in der Nacht die Strecke abgefahren und die Markierungen angebracht- einfach Hammer Jungs!

Bei km 8.8 links weg in den mit 5% moderaten 1km Anstieg- auch hier ist mir nicht möglich die volle Leistung abzurufen, aber unsere Jungs stehen da und feuern mich lautstark an- oben links weg auf 2km stetig leichtes auf und ab- links weg in die rasend schnelle Abfahrt voll in der Aeroposition, aufrichten, anbremsen und scharf links weg hin zur Schlüsselstelle bei km15- drei gelbe Pfeile zeigen den scharfen Richtungswechsel an- mit knapp 50km/h drauf los, anbremsen und von ganz aussen anfahren, dann gnadenlos reinstechen- nur knapp treibt`s mich nicht in die Wiese- Kopf runter und all out weiter- und wieder eine rote Motivationsmarkierung am Boden “Go Dani“ – ja ich gebe alles-

bei km 18 rechts weg im Gegenverkehr zurück zum Circuit- noch ein 180° Kreisel sauber anfahren und mit Schwung rum- noch 3km, scharf rechts rein zurück auf die Rennstrecke und die letzten finalen 2km auf dem glühenden Asphalt mit allem was noch geht und völlig leer ins Ziel in 31.54
Leicht ausfahren, duschen und abwarten zu was die heutige Leistung reicht. Technisch bin ich die Schlüsselpassagen sauber aber nicht mit allerletztem Risiko gefahren- Leistungsmässig fehlten im Ø 30 Watt zur Normalleistung- eine Welt, aber es wäre wirklich ein Wunder gewesen, nach alle den gesundheitlichen Problemen 100% abrufen zu können- da hätte es wohl die ärztliche Behandlung eines Profis benötigt. Felix und Pia warten bei der Rennleitung auf die Rangliste- dann ist es amtlich- es hat zum undankbaren 4.Rang gereicht, mit nicht sehr grossen Abständen bis vorne zum neuen Weltmeister.
happy or not? Ja und nein- trotz allem so verdammt nahe dran zu sein, das tut im Moment schon huerä weh, aber immer noch besser als ein DNS oder DNF auf der Resultatliste.
Und bevor ich es vergesse, auch Dopingkontrollen wurden angekündigt-jeder Athlet müsse sich in Eigenverantwortung vor dem Doping Büro auf einer Liste vergewissern ob er zur Kontrolle muss oder nicht- einmal mehr eine Farce, zwei Pensionäre im Orga T-Shirt hielten eine Startliste in der Hand, ich schrieb meine Nummer 476 auf einen Fresszettel und Sie suchten verzweifelt die ganze Liste durch- und da war keine einzige Startnummer markiert…
Ein grosses herzliches Danke an Pia und Jungs für Eure super geniale Unterstützung, dies hat viel mehr ermöglicht als zu erwarten war.
Nun sind zwei Wochen totale Erholung im Oberengadin angesagt- die Batterien mit Pia auf lockeren Bike Ausfahrten aufladen, um nochmals mit 100% Power Ende September den King of the Lake zu rocken.
Und eines ist auch klar, mein Ziel für 2018 ist die UCI Master WM in Varese IT- eine Rechnung ist zu begleichen
Dani
Ps; Freitagmorgen bin ich mit dem Citybike nochmals die TT Strecke abgefahren um die Bodenmarkierungen unserer Jungs zu fotografieren und Emotional abzuschliessen. Bei der Schlüsselstelle sah ich dann ein unglaubliches Pneu-Massaker- dutzende teils meterlange Bremsspuren, welche dann abrupt im Abhang/Botanik endeten- und somit für jene Fahrer auch die WM.